Samstag, 17. September 2022

Achteinhalbte Wanderung 2022: Nürnberg nach Rothenburg odT

Von Nürnberg nach Rothenburg odT

Vier Tage Zeit zum Wandern? Da lohnt die Anfahrt nach Frankreich nicht. Aber mit dem 9-Euro Ticket lässt sich da doch etwas machen! Der Weg durch Franken, den ich 2020 eher aus Mangel an Alternativen gewählt hatte war sehr schön gewesen und mit etwas Anstrengung sollten sich die knapp 100 Kilometer von Nürnberg nach Rothenburg auf dem Mittelfränkischen Jakobsweg anstatt in den vorgesehenen fünf Tagen auch in vier pilgern lassen.

St. Jakob in Nürnberg

Anreise und erster Wandertag: Von Nürnberg nach Fernabrünst (So, 28.8. - 29,5km)

Um die Mittagszeit komme ich am Bahnhof an. Es ist trotz des Sonntags recht viel Verkehr. Während der alte Ortskern von Nürnberg weitestgehend charmant ist, zieht sich die Strecke durch den Speckgürtel langweilig dahin. Die Markierungen sind überwiegend abgekratzt und mehr als einmal brauche ich den GPS-Track auf dem Handy.
Die verspätete Mittagspause lege ich bei der Kirche von Oberweihersbuch ein. Hier wird es schon angenehmer und ländlicher.
In der Kirche von Oberweihersbuch
Frisch gestärkt geht es weiter in Richtung Unterbüchlein. Ein schöner Trampelpfad führt entlang der Straße in ein Bachtal. Dort entspringt eine klare Quelle mit trinkbarem Wasser. Zumindest versichert mir das die Dame, die dort zahlreiche Flaschen füllt. Ich stille meinen Durst und folge dem Tal vorbei an Gutzberg.
Klares Wasser direkt am Weg
Hier, nach knapp 15 Kilometern, ist die halbe Strecke für heute zurückgelegt. In Roßtal wäre der geeignete Ort eine Unterkunft zu suchen, ich muss aber ein paar Kilometer mehr gehen um die Strecke sicher in vier Tagen zu schaffen. Es gibt zahlreiche Rastmöglichkeiten entlang des Weges, größtenteils in sehr gutem Zustand. An einem Rastplatz mit Tisch und Bänken verbringe ich die Nacht. Es ist warm genug im Schlafsack bei Tiefsttemperaturen um 10 Grad. Es hatte in den letzten Tagen geregnet und so fällt mehr Tau als ich vorhergesehen hatte. Trotzdem bleibe ich warm und trocken unter dem Sternenzelt. Die Milchstraße ist als fahles Band über mir fast die ganze Nacht lang zu sehen.

Zweiter Wandertag: Fernabrünst nach Wernsbach (Mo, 29.8. - 30km)

Es ist ein feuchter, aber schöner Morgen. Ich trockne meinen Schlafsack an einer der jungen Eichen, die am Rastplatz stehen und mache mich mit einem kleinen Frühstück auf den Weg.
Sonnenaufgang am Übernachtungplatz
Kaum losgelaufen, bleibe ich im winzigen Ort Wendsdorf beim Bauernladen hängen. Herrlich: komplette Selbstbedienung, das Kässle für die Bezahlung steht neben der Tür, daneben ein Schüsselchen mit Wechselgeld. Hätte ich einen Kocher mitgenommen, wären hier ein paar tolle Suppen und andere Konserven zu haben gewesen. - Aber auch das Eis ist super lecker, dem ich trotz der frühen Stunde nicht widerstehen kann.
Omnomnommmm!
Nach etwa 10 Kilometern erreiche ich Heilsbronn mit der ehemaligen Klosteranlage. Aus einigen Fenstern des religionspädagogischen Zentrums höre ich Musik. Ich bleibe stehen und lausche eine Weile.
Das ehemalige Kloster ist nur bruchstückhaft erhalten. Auf der neu gestalteten Fläche des nicht mehr vorhandenen Kreuzgangs steht neben dem Zierbrunnen auch ein Trinkwasserbrunnen, an dem ich meine Wasserflaschen nachfülle.
Hier war der Kreuzgang
Das Heilsbronner Münster mit der Grablege der fränkischen Hohenzollern ist unbedingt sehenswert. Leider gibt es keine Führung und auch das Klostercafe hat an diesem Montagvormittag geschlossen. Besonders charmant ist das Brunnenhaus, das allerdings einige hundert Jahre jünger ist als die Klosteranlage.
Die "Vier Perlen am Jakobsweg" bei Großhaslach sind den kleinen Umweg wert, wobei die Station2  "Feuer" mich am tiefsten beeindruckt, auch wenn (oder gerade weil?) sie noch einen leichten Baustellencharakter hat.
Ein Stück vor Wernsbach treffe ich im Wald eine Spaziergängerin mit ihrem Hund. Auch sie pilgert immer wieder und kennt den zur Übernachtung von mir eingeplanten Schäferwagen im Schauobstgarten nach Wernsbach.
Für einen einzelnen Pilger gerade recht
Dort angekommen finde ich den Wagen frei für die Nacht, dazu bequeme Bänke und einen großen Tisch.
Am Abend kommt die Besitzerin des Schauobstgartens und schaut nach Ihrer Anlage. Der Garten ist in der Umgebung wohlbekannt und sie veranstaltet dort immer wieder Kurse für Kinder.
Als es kühler wird lege ich meinen Schlafsack in den Wagen und schlafe vorzüglich.

Dritter Wandertag: Wernsbach nach Binzwangen (Di, 30.8. - 27km)

Schnell ist am Morgen die Ausrüstung wieder eingepackt. Der Rucksack und alle sperrigen Sachen haben in einer Plastikkiste unter dem Wagen übernachtet. - Sehr clever organisiert.
Ruhig und gemütlich pilgere ich den Morgen über bis ich gegen Mittag Lehrberg erreiche. Am Südrand des Dorfes gibt es einen Supermarkt und einen Bäcker/Metzger mit leckerer Warmtheke.
Mit wohlgefüllem Bauch komme ich wenig später nach Häslabronn, wo ich 2020 schon unterwegs war.
Im Gutshof in Colmberg hätte ich eigentlich gerne übernachtet, der ist aber am frühen Nachmittag noch geschlossen. Das Wetter ist stabil und notfalls könnte ich auch wieder im Freien übernachten. Also weiter.
In Oberhegnau, am Trinkwasserbrunnen, fülle ich Wasser nach. Eine nette Geste den Wanderern trinkbares Wasser zur Verfügung zu stellen.
Die nächste Herberge auf meiner Liste ist die "Herberge im Hofhaus" in Binzwangen. Ich rufe dort an und werde überaus freundlich begrüßt.
Mein Zimmer in der "Herberge im Hofhaus"
Für eine Pilgerherberge nicht eben billig, ist das Gebäude wunderschön saniert und ich genieße Dusche und Bett. Wie üblich sorgt der Pilger für das Essen selbst. Die Küche, die ich für eine kleine Gebühr benutzen könnte brauche ich nicht. - Die Leckereien aus dem Bauernladen kommen mir wieder in den Sinn. - Aber es gibt Brot und Käse aus dem Rucksack. Meine bewährte Pilgerkost.

Vierter Wandertag: Binzwangen nach Rothenburg (Mi, 31.8. - 19km)

Gegen 8 Uhr verlasse ich die Herberge und folge dem Jakobsweg auf bekannter Route. Nahe Donnersberg treffe ich kurz nacheinander auf zwei Vogelbeobachter, die wegen eines Windrad-Projekts Vögel zählen. Aber in dieser Jahreszeit ist außer ein paar Graureihern nicht viel zu sehen.
Schade, daß der Jakobsweg von der Karrachmühle mit dem noch sichtbaren Turmhügel am See weg verlegt wurde.
Es geht nun immer leicht bergan, bis der steile Abstieg von der Frankenhöhe  etwa fünf Kilometer vor Rothenburg beginnt. Dann ist Rothenburg flott erreicht und damit auch bald die Jakobskirche.
Zwei Pilger
Eine Fränkische Bratwurst mit Sauerkraut später mache ich mich auf den Weg zum Bahnhof und fahre mit meinem 9-Euro Ticket über Würzburg zurück nach Heilbronn.

Rückblick:

Das war ein komplett unschwieriger Pilgerweg, den in fünf statt vier Tagen auch ungeübte Pilger sicher und komfortabel bewältigen können. Den genauen Wegverlauf kann sich jeder hier herunterladen. Für mich eine sehr angenehme Möglichkeit den Kopf schnell wieder in den Pilgermodus zu bekommen und für ein paar Tage besinnlich in der Natur zu sein.
Auch vier Tagesmärsche sieht man auf der Karte



Montag, 23. Mai 2022

Achte Wanderung 2022: Chateauroux nach Limoges

Achte Wanderung 2022: Von Chateauroux nach Limoges

Die Planung

In diesem Jahr kann es schon Ende April los gehen. Ich habe wieder eine etwas verlängerte Woche zur Verfügung. Das reicht um stressfrei 200 Kilometer zurücklegen können.
Die Fahrkarten habe ich rechtzeitig gekauft: 70 hin und 74 Euro zurück mit dem TGV/ICE nach Paris und weiter mit dem IC nach Chateauroux. Die SNCF-App macht das recht einfach und preiswert. Kein Vergleich zu der erst wenige Jahre zurück liegenden Zeit, als ich bangen musst ob die Tickets per Post  rechtzeitig kämen.
Wieder ein deutlich sichtbares Stück in Richtung Santiago
Für diese Pilgerwanderung habe ich 9 Etappen mit Längen zwischen 10 und knapp 30 Kilometern geplant. Der Startpunkt ist der Bahnhof in Chateauroux, der 2021 das Ende der Wanderung war.

Anreise und erster Wandertag (Freitag, 29. April 2022 5km + 10km)

Mit genügend Zeit zwischen der Ankunft am Bahnhof "Paris Est" und der Abfahrt am "Gare d'Austerlitz" kann ich gleich eine kleine 5km Stadtbesichtigung machen: Centre Pompidou, die Baustelle der Notre Dame und eine Mittagspause im Jardin des Plantes an der Seine.
Bis 2024 sollen die Arbeiten noch dauern
Ich erreiche rechtzeitig meinen Zug nach Chateauroux, wo ich gegen 17h ankomme. Dann sind es noch 10 Kilometer aus Chareauroux heraus über Wald- und Forstwege zu der Wiese, die ich mir als Ort für die erste Übernachtung ausgesucht habe. Als ich bei der Kapelle Notre-Dame-du-Chene ankomme, geht die Sonne schon unter.
Leider geschlossen und in schlechtem Zustand
Hinter einem Gebüsch baue ich mein Zelt auf. Für das Abendessen gibt es einen Picknicktisch und Bänke. Sehr praktisch.
Etwas versteckt

Zweiter Wandertag: nach Argenton-sur-Creuse (Samstag, 30. April 2022 - 27km)

Während des Frühstücks trockne ich Zelt und Schlafsack. Dann geht es zunächst sehr schön durch den noch morgentlich kühlen Wald. Anders als am Abend gibt es weniger Stechmücken. Der Wald liegt auch höher und ist weniger sumpfig.
Waldweg in der Morgenkühle
Der größte Teil der Strecke führt über geteerte Straßen. Dadurch komme ich schnell voran, denn ich möchte noch die Ruinen und das Museum in Saint Marcel anschauen. Der Park mit den Ausgrabungen und Ruinen ist frei zugänglich.

Interessantes Museumsgebäude
Bei den Römern Argentomagus genannt, ist dieser Ort schon seit der Steinzeit bewohnt. An den Hängen der Creuse wurden steinerne Pfeilspitzen und Werkzeuge gefunden.
Nach der Besichtigung des Museums stelle ich mein Zelt auf den Campingplatz und kaufe in Argenton Wasser, da am 1. Mai alle Läden geschlossen sein werden. Natürlich schaue ich mir auch die Reste der römischen Brücke an.
Die römische Brücke war bis in die frühe Neuzeit nutzbar
Hier trafen mehrere Römerstaßen aufeinander um die Creuse zu überqueren. Der Weg durch den langgestreckten Ort zieht sich ziemlich. Ich mache noch einen Umweg, aber leider ist das Tor am Amphitheater schon verschlossen und ich kann nur einen Blick über den Zaun erhaschen.

Dritter Wandertag: Argenton-sur-Creuse nach Eguzon (1. Mai 2022 - 26km)

Das gewohnte Problem des dritten Tages: Die Füße schmerzen. Blasen an den Fußsohlen und Fersen. Das wird jetzt für 2-3 Tage etwas unangenehm sein, dann hat sich das eingelaufen. Aber die Schmerzen wirken sich messbar auf meine Geschwindigkeit aus. Komoot misst nur noch 4.1 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Das Streckenprofil ist heute auch abschnittweise nicht einfach: Es sind verschiedene Wegvarianten ausgeschildert und ich wähle die Strecke entlang der Creuse, was über einige Kilometer sehr schön und problemlos ist. 

Schön, aber nicht einfach zu gehen: Der Aufstieg nach Chatillon

Doch dann versperrt eine Staumauer mit Wasserkraftwerk den Weg und der sparsam ausgeschilderte Jakobsweg schlängelt sich steil durch den Wald hinauf nach Chatillon. Das ist sehr schön und wild romantisch, aber mit dem ca. 16kg schweren Rucksack wäre das bei schlechterem Wetter und rutschigem Untergrund kaum zu schaffen gewesen.
Dafür entschädigt sofort der weitere Wegverlauf und das Highlight des Tages: Gargliesse-Dampierre. 

Wie aus dem Bilderbuch
Es findet gerade eine Benefizwanderung um Gargliesse statt, hinter der Kirche ist eine Versorgungsstation aufgebaut. Ich lege mich zur Mittagspause auf die Wiese hinter der Kirche.

In der Krypta der Notre-Dame
Im weiteren Verlauf komme ich noch mehrfach an Versorgungsstationen der Benefizwanderung vorbei und begegne immer wieder Gruppen von Wanderern. Bis nach Eguzon sind auf abwechslungsreichen Wegen noch ein paar Steigungen zu bewältigen. In Eguzon angekommen finde ich den Campingplatz noch geschlossen. Das niederländische Ehepaar, das den Campingplatz betreibt, ist gerade bei den letzten Vorbereitungen für die Saisoneröffnung und ich kann mir als einziger Gast einen Zeltplatz aussuchen. Die warme Dusche funktioniert schon und ist nach dem recht anstrengenden Tag sehr nötig.

Vierter Wandertag: Eguzon - La-Chapelle-Baloue (Montag, 2. Mai - 19km)

Ich lasse mir am Morgen Zeit. Auf dem Campingplatz kann ich das Zelt gut aufhängen und trocknen. Die Nächte sind noch sehr kalt. Auf der Innenseite der Zeltplane kondensiert der Atem, auf der Außenseite der Tau. Bei um die 3 Grad ist der Schlafsack wie schon im letzten Herbst nicht mehr im Komfortbereich. Um so wichtiger alles ordentlich trocken zu bekommen, damit die Daunen nicht verklumpen.
Highlight der heutigen Tour ist Crozant. Ich nehme mir nicht die Zeit die Ruinen der Festung zu besichtigen. Schon die Aussicht von einer der zahlreichen Bänke, die ich für die Mittagspause wähle ist fantastisch. 
Festungsruinen in Crozant
In und um die Kirche laufen gerade archäologische Ausgrabungen. Überall in den Gräben, die zur Erkundung angelegt wurden kommen Fundamente zum Vorschein. In ein paar Jahren könnte das nochmals einen Besuch wert sein. Um den Ort herum und entlang des kleineren Flüsschens Sedelle gibt es seht schön gepflegte Wege, Wiesen und Picknickplätze. 

Selfie
Eigentlich sah mein Plan vor in der privat geführten Pilgerherberge in La-Chapelle-Baloue zu übernachten. Ich finde die Herberge, aber niemand ist dort. Egal. Ich habe noch Wasser, Brot und Käse und finde einige Kilometer weiter ein ruhiges Plätzchen hinter einer Hecke auf einer Weide unweit eines kleinen Wäldchens.
Ein unauffälliges, ruhiges Plätzchen für die Nacht

Fünfter Wandertag: La-Chapelle-Baloue nach Saint-Priest (Dienstag, 3. Mai 2022 - 23km)

In aller Frühe packe ich meine Ausrüstung zusammen. Alles ist sehr nass vom Tau, aber das werde ich später trocknen. Nun erst mal los: Es stehen 23 Kilometer auf dem Plan und ich möchte etwas Zeit in La Souterraine haben um die Kirche anzuschauen.
Auf unterschiedlichen Untergründen geht es flott und leicht voran. In der dünn besiedelten Gegend ist es fast überall schön.
Bei "Le Paddock"
Gegen Mittag erreiche ich La Souterraine, wo ich zwei Pilgern aus den Niederlanden und einer Fahrradpilgerin begegne. Doch die Enttäuschung ist bei allen groß: Die Krypta der Kirche ist gerade eine Baustelle und nicht zugänglich. ( Wikipedia Artikel dazu )
Ich raste etwas vor der Kirche und mache einen Umweg zum Supermarkt um Wasser, Brot, Käse und eine kleine Dose Rilettes zu kaufen, die ich gleich zur Hälfte zum Mittagessen verzehre. Dann mache ich mich wieder auf den Weg.
Recht schnell erreiche ich das heutige Ziel: den kleinen Ort Saint-Priest-la-Feuille. Einen knappen Kilometer außerhalb steht ein gut erhaltener Dolmen, der mir als Unterschlupf für die Nacht dienen soll.
In der Nachmittagssonne trocknet mein von der letzten Nacht noch nasses Zelt sehr schnell. Ich werde es heute nicht brauchen.
Heute ohne Zelt
Ein leichter Regenschauer in der Nacht bleibt fast unbemerkt und es wird auch nicht kalt, da die Steine sich den ganzen Tag in der Sonne aufgeheizt hatten und über die Nacht hinweg warm bleiben.

Sechster Wandertag: Saint-Priest nach Saint-Goussaud (Mittwoch, 4. Mai 2022 - 31km)

Ohne Zelt ist am Morgen die Ausrüstung viel schneller gepackt. Kurz nach 7 Uhr bin ich fertig, denn heute ist die mit 30 Kilometern längste und auch steilste Etappe des Jahres geplant. Das wird dann der höchstgelegene Punkt auf der Voie de Vezelay sein. Erst in den Pyrenäen geht es wieder so weit hinauf.
Dolmen von Saint-Priest-la-Feuille bei Sonnenaufgang
Zunächst geht es sanft von Saint-Priest-la-Feuille bergab und relativ flach in den Niederungen weiter. Bei Chamborand an der Kirche mache ich eine kurze Pause und schaue mir die einfache Dorfkirche an. Benevent l'Abbaye ist etwa auf halber Strecke gelegen und hat da schon mehr zu bieten: Einen sehr aufgeräumten Park, eine schön renovierte Kirche und einen Laden für Wasser & Brot.
Nach Marsac wird es dann richtig schön: ganz kleine Sträßchen und Waldwege, die allerdings etwas widersprüchlich ausgeschildert sind führen in den kleinen Flecken l'Abbaye, wo gerade kräftig renoviert wird. Danach geht es auf einem kleinen Wanderweg recht steil nach Saint Goussaud.
Saint Goussaud ist erreicht. Für mich geht es aber noch ein Stück weiter
An der Totenlaterne vorbei erreiche ich die Kirche. Erstmals sehe ich einen Hinweis, daß Pilger nicht in der Kirche übernachten dürfen. Vermutlich versteckt sich auch hinter diesem Hinweisschild eine Geschichte. Und in diesem Fall keine schöne.
Die Pilgerherberge beim Rathaus ist geschlossen, aber das spielt keine Rolle: Das Wetter ist gut und meinem Plan beim römischen Theater im Wald zu übernachten steht nichts im Weg. Anstatt dem Jakobsweg auf der D48 zu folgen, gehe ich die D57 entlang bis zum Wegweiser zu den römischen Ausgrabungen. Dort geht es noch ein Stück bergan und ich erreiche einen idealen Platz zum Camping.
Hier kämpfte wohl niemand mit Löwen
Die Fundamente des Tempelbezirks auf einer etwas tiefer gelegenen Ebene sind für mich nicht von den Resten der mittelalterlichen Weide- und Feldmauern zu unterscheiden. Ein paar Schilder zur Erklärung hätten mit hier gut gefallen.
Nach einem kurzen Regenschauer baue ich mein Zelt auf und setze mich zum Abendessen in die Ränge des Theaters. Die Nacht ist herrlich ruhig und nicht zu kalt.

Siebter Wandertag: Saint Goussaud - Campingplatz nach Les Billanges (Donnerstag, 5. Mai 2022 - 21km)

Auf schönen, alten Waldwegen finde ich eine tolle Route, die mich auf den Jakosbweg zurück führt.
In Chatelus-le-Marcheix hat das Dorfcafe geöffnet. Es scheint das Herz des kleinen Ortes zu sein. Während ich meinen Milchkaffee schlürfe (das Auto mit den Croissaints war leider heute noch nicht da) kommen und gehen die Dorfbewohner und tauschen sich aus.
Es gibt eine Auswahl an Vorräten zu kaufen. Prima, weil das Wasser schon wieder knapp wird.
Kreuz am Wegrand
Etwas später treffe ich auf zwei Pilgerinnen: Anne und Shirley. Anne ist aus Deutschland, Shirley Französin. Wir haben heute das selbe Ziel: den "Camping au Pont du Dognon". Die beiden buchen ein kleines Häuschen, das nur unwesentlich mehr kostet als der Stellplatz für mein Zelt.
Die Dusche auf dem Camping ist warm und hat einen kräftigen Strahl. Das ist gut so, denn über die Tage hat sich eine unangenehme Schicht aus Schweiß, Dreck und Sonnencreme gebildet. In der Nacht kühlt es auf ca 5 Grad ab. In meinem leichten Schlafsack gerade noch ok.

Achter Wandertag: Les Billanges - Saint Leonard de Noblat (Freitag, 6. Mai 2022 - 17km)

Anne und Shirley haben ihre Rucksäcke schon gepackt und bieten einen Kaffee an. Den lasse ich mir nicht entgehen. Ich brauche dann noch etwas Zeit meine Sachen ordentlich zu packen und ziehe etwas später los.

Zunächst ein kurzes Stück entlang des Flüsschens Taurion. Auf der Brücke treffe ich ein französisches Pilgerpaar. Auch ihr Ziel ist heute Saint Leonart de Noblat. Auf der anderen Flussseite geht es dann über eine Hochebene mit Feldern und Wäldern.
Besteck und Scharniere
An einem schön renovierten Landgut plötzlich ein größeres Zusammentreffen: Anne und Shirley fotografieren. Ein französischer Pilger wird genau dort mit dem Auto abgesetzt. Frisch gewaschen und gebügelt. Ich hatte ihn gestern schon kurz getroffen und ein paar Worte mit ihm gewechselt.
Die Etappe ist kurz und schon am frühen Nachmittag erreiche ich Saint Leonard de Noblat. Shirley hatte für mich einen Platz in der Pilgerherberge gebucht und zufällig treffen wir alle fast zeitgleich wieder bei der Tourist-Info zusammen. Kurz die Sachen in der Herberge untergestellt und dann erst mal gemeinsam Eisessen gehen.
Lost Place Charme
Die Pilgerherberge ist super ausgestattet: Duschen, Küche, drei Zimmer. Das französische Ehepaar, das ich auf der Brücke getroffen hatte nimmt ein Zimmer, Shirley und Anne das andere und ich habe ein Vierbettzimmer ganz für mich alleine. Ich gehe noch einkaufen: Wasser/Brot/Käse und schaue mir die Reliquien und das Grab des heiligen Leonard an. Die Kirche ist sehenswert. Zurück in der Herberge stellt sich die Frage nach dem Abendessen: wir gehen zur Pizzeria. Offenbar der einzigen am Ort. Aber die knapp 1,5 Stunden Wartezeit lohnen sich: Entweder ist die Pizza sehr gut, oder ich bin sehr hungrig. Möglicherweise auch beides.
Danach ab in den Schlafsack. Die Betten überzieht man hier mit dem bereitgelegten Papiervlies. Schlafen ohne zu frieren ist auch mal nett.

Neunter Wandertag: Saint Leonard - Limoges (Samstag, 7. Mai 2022 - 24km)

Am Morgen schmieden alle Pläne für den Tag: Anne und Shirley wollen mit dem Bus abkürzen, das französische Ehepaar lässt sich noch Zeit bis zum Aufbruch. 
Was für ein toller, letzter Wandertag! Die Luft ist klar und kühl. Die Füße sind super eingelaufen und die Landschaft ist grandios.
Eisenbahnbrücke bei St. Leonard
Zunächst ein kleines Stück an der Straße entlang, zweigt der Weg bald in einen kleinen Feldweg ab. Ich lasse mir Zeit. Es ist überall schön. Ich buche telefonisch für die Nacht einen Platz im Hotel in Limoges (Ibis Budget). Die Pilgerherberge scheint wegen Renovierung geschlossen zu sein.

So pilgert man gerne



Auf den Weiden entweder Kühe, Schafe, Ziegen oder Pferde
Im Wald dann ein klarer See. Ich bleibe eine Weile dort für ein zweites Frühstück und ein paar Fotos. Hier kann man es aushalten! Am anderen Seeufer steht eine Schutzhütte und eine Bank. Auch das wäre ein schöner Platz für die Nacht gewesen.

Schönster Rastplatz heute
Obwohl es lange nicht mehr geregnet hat, sind die Hohlwege sehr matschig. Ich habe die leichten Schuhe an und vermeide den Masch bestmöglich. Die Kühle der von Bäumen gesäumten Hohlwege macht das aber zum Vergnügen.

Bach oder Weg?
Kein großes Vergnügen hingegen ist der Weg in die Stadt hinein. Es geht lange an der Straße entlang, glücklicherweise ist der Randstreifen gemäht. Nahe der Altstadt wird es wieder schöner: Am Ufer der Vienne gibt es einen Park, Bänke und eine alte Brücke. Von dort geht es hinauf zur Kathedrale.
Kathedrale von Limoges
Wieder, wie schon in Bourges erlebt, berührt mich das Bauwerk nicht besonders. Nüchtern, steril trotz gotischer Finessen. Manche kleine, dreckige Dorfkirche, die ich in diesem Jahr besuchen durfte war ansprechender und erzählte mehr vom Leben der Gemeinden.
Das Hotel ist für den günstigen Preis ok und liegt in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof. Ich stelle meine Sachen dort ab und mache mich auf den Weg die Einkäufe für die Mitbringsel zu erledigen.

Rückfahrt: Sonntag 8. Mai 2022

Das Frühstück im Hotel ist nach einer Woche Pilgerschaft eine tolle Sache. Aber gar zu lange möchte ich mich da nicht aufhalten. Ich habe noch Zeit den Sonntagvormittag in Limoges zu verbringen. Raus aus dem Hotel, möchte ich mir erst mal den Bahnhof anschauen. Ein Ruf "Hallo Andy!"´- Nanu, wer kennt mich hier? Shirley und Anne hatten auch gerade aus ihrem Hotel in Bahnhofsnähe ausgecheckt.
Schicker Bahnhof
Wir gehen in die Altstadt, um noch einmal die Kathedrale zu besuchen. Auf dem Vorplatz ein großer Flohmarkt. Hier gibt es Kuriositäten aller Art. Sicher ist in all den halbverfallenen Häusern und Scheunen, die es im Limousin überall gibt so allerhand zu finden.
Morgensonne in der Kathedrale
Im Botanischen Garten hinter der Kathedrale nehme ich ein vorgezogenes Mittagessen zu mir. Das sollte bis Paris halten. Es gibt Bänke im Schatten und an diesem Sonntagvormittag sehr wenig Leute.
Botanischer Garten Limoges
Jetzt aber los zum Bahnhof. Um 5 nach 12 fährt der Zug. Der IC von Limoges nach Paris ist komplett ausgebucht. Der Zug ist fast pünktlich. Ich habe in Paris etwas mehr als eine halbe Stunde um vom Bahnhof Austerlitz zum Gare de l'est zu kommen. Das passt genau, da die Metro Linie 5 in kurzen Abständen fährt und keine Schlange am Fahrkartenautomaten ist. Rechtzeitig zum Boarding erreiche ich den Bahnhof. Beim nächsten Mal muss ich da etwas mehr Zeit einplanen. Das war mir zu knapp.
Die Rückfahrt im TGV nach Karlsruhe ist reibungslos und sehr bequem. Dann noch in die Stadtbahn und ich bin gegen 20:30 wieder bei der Familie.