Neunte Wanderung 2023: von Limoges nach Sainte-Foy-la-Grande
Fantastisch! Eine Woche Sonderurlaub zur Erholung nach dem Cyberangriff auf die Heilbronner Stimme. Es gibt einige Termine, aber alles lässt sich "Worcation-Style" mit dem Handy erledigen. Also nix wie los auf den Camino.
Anreise und erster Wandertag (Montag, 8.5.23 - ca. 14 km)
Wie schon so oft fahre ich mit der Stadtbahn nach Karlsruhe und steige dort in den TGV nach Paris. Mit den Jahren hat sich Paris deutlich verändert: viele Straßen sind für Autos gesperrt oder verengt. Es gibt stark frequentierte Radwege, es ist insgesamt grüner. Überall Restaurants, Cafes und Menschen. - Viele Menschen. Die Stadt wirkt so viel grüner und lebendiger als noch vor wenigen Jahren.
Ich habe genug Zeit, zu Fuß vom Ostbahnhof zum Bahnhof Austerlitz zu wandern, Pause an der Seine zu machen und sehr entspannt meinen Zug nach Limoges zu besteigen.
Kurz nach 16 Uhr bin ich dort. Die Erinnerung an die Wanderung des letzten Jahres ist sofort wieder präsent.
Bahnhof Limoges Benedictins |
Der größte Teil des Weges nach Aixe-sur-Vienne führt entlang großer Straßen, etwas ländlicher wird es erst nach etwa 10 Kilometern. In Aixe angekommen, ist der Campingplatz schnell gefunden. Es ist schon spät und die Frau, die sich um die Rezeption kümmert, ist schon auf dem Weg in den Feierabend. Egal, sie kommt morgen um 8 Uhr wieder. Ich kann mir einen beliebigen Platz für mein Zelt aussuchen. Obwohl es schon spät ist, muss ich mir noch die Reste der römischen Brücke anschauen. Zurück auf dem Campingplatz, schlafe nach dem langen Tag vorzüglich.
Reste einer römischen Brücke |
Zweiter Wandertag: Von Aixe-sur-Vienne nach Firbeix (Dienstag, 9.5.23 - ca. 38 km)
Es war so vorhergesagt: Ich schaffe es gerade so mein Zelt noch trocken zusammenzulegen, da beginnt es zu regnen. Sehr kräftig zu regnen. Den ganzen Tag über regnet es mehr oder weniger.
Einen für dieses Wetter geeigneten Übernachtungsplatz finde ich nicht, so weiche ich auf meinen "Plan-B" aus, und pilgere weiter bis nach Firbeix, wo es am See sehr schöne, überdachte Picknickplätze gibt. Es werden damit etwa 38 Kilometer Strecke. Kein Problem für die Ausdauer, aber die Füße sind nach dem ersten richtigen Wandertag schon etwas strapaziert. Schlauer wäre, die Strecken langsam zu steigern. Aber es ist wie es ist. - Es dämmert schon, als ich in Firbeix ankomme.Ich baue Isomatte und Schlafsack auf dem Tisch auf. Leider ist die nagelneue Isomatte schon leicht undicht, und ich muss ca. alle zwei Stunden wieder aufblasen. Das ist nicht sehr erholsam.
Der Plan geht auf und ich übernachte ohne nass zu werden.
Dritter Wandertag: Von Firbeix nach La Coquille (Mittwoch, 10.5.23 - ca. 11km)
Heute regnet es mal weniger, was neben der kurzen Strecke auch recht erholsam ist und ich erreiche schon zur Mittagszeit La Coquille.
Sehr schöne Wegabschnitte heute |
La Coquille ist ein recht verschlafenes Dorf mit einer kleinen Pilgerherberge, in der ich unterkomme.
Robert, der neuseeländische Australier ist neben mir der einzige weitere Gast in dieser Nacht.
Vierter Wandertag: Von La Coquille nach Sorges (Donnerstag, 11.5.23 - ca. 31km)
So ein halber Pausetag ist eine feine Sache, denn heute liegt wieder eine längere Strecke vor mir. Die Gegend ist sehr ländlich, super grün und ich treffe wesentlich mehr Kühe als Menschen. Das Streckenprofil ist harmlos und es geht vorwiegend bergab. Besonders flott geht es auf der schnurgeraden Route Napoleon vorwärts, auch wenn da schon wieder die Füße anfangen zu qualmen.
Ich brauche auf den 30 Kilometern einige Pausen, auch um die Regenkleidung an- und auszuziehen. Es regnet, hört dann aber auch schnell wieder auf und es wird heiß unter dem Poncho.
Rechtzeitig vor dem Gewitter erreiche ich Sorges.
Nach kurzem Umherirren finde ich die wunderschöne Pilgerherberge. Doch oh Schreck! Alle 6 Betten sind schon belegt. Nach kurzer Beratung findet sich ein Platz für eine Matratze und ich habe meinen Schlafplatz, auch wenn die anderen Pilger über mich drüber klettern müssen.
Sehr schöne, aber kleine Pilgerherberge in Sorges |
Die Herbergsmutter hat gekocht! Es gibt sehr lecker zubereitete Hähnchen und Kartoffeln, und das reichlich. Das sollte für ein paar Tage reichen.
Nach dem Küchendienst spielt Madame Pilgerlieder auf ihrer Ziehharmonika, dann ab ins Bett. Ich schlafe hervorragend!
Fünfter Wandertag: Von Sorges nach Perigeux (Freitag, 12.5.23 - ca. 22 km)
Das ist die ideale Distanz! Bis kurz vor Perigeux ist die Strecke recht angenehm, danach durch die Vororte nicht so der Knüller. Die Pilgerherberge ist eine Etage in einem Wohnhaus und ich habe ein Zimmer für mich alleine. Perigeux ist ein sehr netter Ort. Das Highlight natürlich die Kathedrale - ein außergewöhnlicher Grundriß in romanischem und byzantinischen Stil.
Shopping darf auch nicht zu kurz kommen. Hier gibt es alles um meine Vorräte wieder aufzufüllen.
Sechster Tag: Von Perigeux nach les Brousses (Samstag, 13.5.23 - ca. 27km)
Der Weg aus Perigeux heraus ist erstaunlich schnell bewältigt und es geht auf dem neu angelegten Rad- und Wanderweg schnell voran. Wieder ist die Strecke erholsam grün und angenehm. Das Höhenprofil völlig anspruchslos. Das Wetter ist wieder instabil und das An- und Ausziehen der Regenklamotten bremst das Wandertempo merklich.
Am frühen Nachmittag erreiche ich den Campingplatz "Le Pontet" am Ortseingang von Saint Aistier. Aber der hat zu. Nix zu machen: Hier wird kräftig renoviert, alles ist abgesperrt. Nicht so schlimm: Ein Stück weiter gibt es laut MiamMiamDoDo eine super Pilgerherberge im Schloss Puy Ferrat.
Doch hier tummeln sich Menschenmengen! Ein großes Fest wird vorbereitet und es ist schwierig jemanden zu finden, der Auskunft geben kann. - Nein: Wegen des Fests ist alles belegt. Kein Platz für Pilger heute.
Hier wäre ich gerne geblieben |
Schade, das wäre ein sehr interessanter Übernachtungsort gewesen.
Also weiter. Ich halte die Augen nach einem passenden Ort für mein Zelt auf. Und tatsächlich: schon nach dem nächsten Hügel finde ich einen gemähten Streifen am Rand eines Waldes. Komplett mit Sonnenuntergang und allem drum und dran. - Trotz undichter Isomatte schläft es sich ganz gut so.
Kein Schloss, aber auch sehr nett |
Siebter Tag: Von Les Brousses nach Mussidan (Sonntag, 14.5.23 - ca. 21km)
Der Sonntag ist ein Sonnentag! Unglaublich, wie schön und frisch alles in dem warmen Sonnenlicht ist. Wiesen, Wälder und Feldwege sind vom Regen sauber gespült und trocken. In Douzillac sitze ich am späten Vormittag auf der Terrasse des Restaurants und lasse mich von der Sonne wärmen.
Recht früh bin ich in Mussidan und mit 4,7 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit auch wieder etwas schneller als am Vortag.
So lässt es sich aushalten |
So mache ich noch einen Ausflug zum Supermarkt, bevor die Dame vom Rathaus die Pilgerherberge in einem etwas heruntergekommenen Gebäude öffnet, kurz kassiert und dann wieder verschwindet. Die Herberge selbst ist schön. Robert und ein Pilgerehepaar sind auch da. Robert kocht Abendessen. Ich mache dafür den Abwasch. - Schlechte Wahl: es war eingebrannt.
Achter Tag: Von Mussidan nach Montfaucon (Montag, 15.5.23 - ca. 29 km)
Ein wunderbar sonniger Morgen. Was für ein Genuss in die sonnige Morgenkühle zu wandern. Nach 10 Kilometern erreiche ich die schöne Kiche von Saint Gery, wenig später kommt ein gemütlicher Rastplatz für Pilger. Der Hinweis am Mülleimer: Nur für Pilgermüll!
Picknickbank am Pilgerweg |
Am Nachmittag öffnet der Himmel seine Schleusen wieder und holt alles nach, was er sich in den letzten beiden Tagen aufgespart hat. Glücklicherweise komme ich an eine Bushaltestelle, die mich vor dem stärksten Schauer bewahrt.
Bäääh! |
Der Campingplatz in Montfaucon ist geschlossen! Das ist bei dem Mistwetter unangenehm. Also weiter und die Augen offenhalten! Und tatsächlich finde ich ein ideal geeignetes Häuschen in einem Weinberg. Eine saubere, überdachte Terrasse. Besser als jeder Campingplatz!
Idealer Übernachtungsplatz |
Neunter Tag: Von Montfaucon nach StFoy la Grande (Dienstag, 16.5.23 - ca. 7 km)
Am Morgen kommen Wildschweine aus dem Wald und suchen in den Weinbergen nach Futter. Ein kleines Geräusch und blitzartig sind sie wieder im Wald verschwunden. Ohne Zelt ist die Ausrüstung schnell zusammengepackt und ich mache mich auf die letzte, kurze Etappe durch das sanft hügelige, grüne Land.
Windmühle |
Ich mache viele Pausen und treffe daher noch einige bekannte und unbekannte Pilger, die mich überholen. Um die Mittagszeit herum komme ich in St. Foy la Grande an. Ich besuche die Kirche und schaue mich in den umliegenden Läden nach etwas zum Mittagessen um.
Blick auf Port-Sainte-Foy-et-Ponchapt und StFoye la Grande |
Der Campingplatz ist leicht zu finden und ich bekomme einen schönen Stellplatz für mein Zelt. Ich kann die Terrasse eines leerstehenden Wohncontainers benutzen um meine Ausrüstung zu trocknen und ein bisschen zu lesen.
Sicherheitshalber mache ich noch einen kurzen Ausflug zum Bahnhof. Er ist leicht zu finden. Und nach einer kleinen Runde durch die Stadt, lasse ich den Tag ausklingen.
Zehnter Tag: Rückreise (17.5.23)
Die französische Bahn ist wieder einmal angenehm zuverlässig: St. Foy - Bordeaux - Paris - Karlsruhe und von dort nach Heilbronn. Alles völlig problemlos: Um 9:20 fahre ich gut ausgeschlafen in St. Foy los und bin gegen 18:30 wieder zuhause. Die Füße sehen ziemlich mitgenommen aus, aber in ein paar Tagen wird sich das wieder geben und zurück bleiben nur schöne Erinnerungen.
Es sind jetzt noch gut 1000 Kilometer auf der Voie de Vezelay und dem Camino Francais nach Compostella. Spätestens im übernächsten Jahr werde ich mich für einen der Wege durch Spanien entscheiden müssen.
Hallo Andy, meinen absoluten Respekt! Das liest sich so schön locker-flockig, als wäre es eine leichte Übung. Aber: da muss man schon ein paar komfortable Gewohnheiten ablegen! Ich nehme mir jetzt vor, zumindest EINEN Teil eines Pilgerwegs auf die Bucket List zu setzen. Weiterhin „Gut Fuß“ und liebe Grüße!
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